TIMERIDE Blog
Work hard, party harder – Ein Rittertunier auf dem Marienplatz
Ritterturniere sind ein typisches Phänomen aus dem Mittelalter, oder?! Was wäre, wenn ich Dir erzählen würde, dass Du auch heute noch jeden Tag zweimal ein Ritterturnier in München beobachten kannst? Du würdest mir wahrscheinlich nicht glauben…
Von Katharina Heinrich am 10.10.2024
Dabei entspricht es der Wahrheit und es handelt sich nicht um ein Reenactment, ein Live Action Role Play, oder einen mittelalterlichen Jahrmarkt. Jeden Tag um 11 und 12 Uhr kannst du auf dem Marienplatz an dem Rathaus in München dem Glockenspiel lauschen und der Nachstellung des Ritterturniers von 1568 zuschauen. 32 Figuren des Glockenspiels zeigen lebhaft den Kampf, während die Szenerie von 43 Glocken untermalt wird.
Das Spektakel des Jahrhunderts
Während die heutige Prominenz nach Sylt fliegt, um zu heiraten und das Ereignis für die Massen im Fernsehen übertragen wird, richtete der Adel im Mittelalter Turniere für die Bevölkerung zu Ehren der eigenen Hochzeit aus. Herzog Wilhelm V. und Renata von Lothringen bespaßten ihre Gäste kostspielig – und das 18 Tage lang. Als sie im Februar 1568 heirateten, starteten sie die Festlichkeiten mit der kirchlichen Trauung, in deren Anschluss sie ein Festmahl gaben. Nach dem Schmaus wurde bis tief in die Nacht getanzt, bis sich das Brautpaar verabschiedete, um ihre Ehe zu vollziehen. Der nächste Tag begann mit einer Messe, bevor dem Brautpaar die Geschenke der Tausenden Gäste überreicht wurden. Die nächsten Tage gingen in einen Mix aus Messen, Fechtübungen am Hof, Hirsch- und Hasenjagden, Festmahlen mit eigens komponierter Musik, Tanz- und Theateraufführungen, Karten- und Würfelspielen und gelegentlichen Feuerwerken über. So ist es nicht verwunderlich, dass das Spektakel im Herzogtum Baiern (ja, damals noch nicht mit „y“ geschrieben!) mit Kosten von rund 200.000 Talern ein ordentliches Loch im Haushalt hinterließ.
Der krönende Abschluss
Den Höhepunkt der Festwochen bildete ein mehrtägiges Ritterturnier, an dem ca. 5000 Reiter teilnahmen. Es war dabei nicht nur für die Gäste der Hochzeit gedacht, sondern auch für die Bevölkerung Münchens und so wurde der Marienplatz mit Sand aufgeschüttet und eine Bretterwand aufgestellt, die die Bahnen abtrennte. Dabei duellierten sich nicht nur Reiter mit der Lanze, sondern es gab auch Schwertkämpfe zu Boden. Die Sieger bekamen einen Kranz, der mit Blumen, Juwelen und Gold versehen war. Der Turnierheld war – natürlich – ein bayerischer Ritter in blauweißem Gewand, der auch heute noch in dem Münchner Glockenspiel zu sehen ist.
hat Klassische Archäologie und Geschichte studiert, weshalb sie sich vor allem für antike Kulturen und den Ursprung von Sachgegenständen, Gebäuden und Begriffen interessiert. Während diverser Ausgrabungen hat sie gelernt, wie wichtig selbst die unscheinbarsten und kleinsten Gegenstände für die Menschheitsgeschichte sein können.
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